Mittwoch, 28. Oktober 2015

Zeitgemässe Tradition – Barolo Bricco Luciani Mauro Molino

Die Tage werden kürzer, die Nächte kühler und buntes Laub deckt Wald und Wiesen ein. Es ist Herbst. Und Herbst ist nicht nur eine wunderschöne Jahreszeit, sondern macht auch richtig Lust auf einen schönen Barolo. Hiervon mag ich die traditionellen Exemplare mit Finesse, Eleganz und Struktur besonders gerne. Jedoch wird Nebbiolo nicht von allen Winzern gleich interpretiert. So hat auch Mauro Molino eine eigene Interpretation dieser Rebsorte und diese macht einen gelungenen Spagat zwischen Tradition und Moderne. Obwohl schon der Basis Barolo viel Freude ins Glas zaubert, zeigt sein Lagen-Barolo „Bricco Luciani" noch mehr Tiefe und Harmonie. Denn trotz Ausbau in Barriques mit rund 30% Neuholzanteil, ist dieser Wein herrlich frisch, saftig und mit der notwendigen Eleganz ausgestattet. Ich hatte den 2011er im Glas, welcher bereits in seiner Jugend glänzte und das Rindergulasch hervorragend begleitete…

Frisch entkorkt, strömt bereits ein feiner Duft nach Himbeeren und Gewürzen aus der Flasche. Lässt man den Wein allerdings noch eine Stunde im Dekanter atmen, so entfaltet er ein vielschichtiges und sortentypisches Bouquet. Zu vernehmen sind Himbeeren, Kirschen, Kräuter, Lebkuchen, Veilchen und etwas Leder. Am Gaumen stehen Frische und Kraft in gelungener Balance und zeigen zugleich Finesse, Struktur und Trinkfluss auf. Auch die 14,5 % Vol. sind kaum zu vernehmen und genauso gut eingebunden wie die reifen Gerbstoffe. Die Säure wirkt tänzerisch frisch und begleitet das Aromenspiel bis weit über den Abgang hinaus. Dieser ist lang und saftig, ja gerade so, dass man den Wein kauen mag, und endet auf frischen Himbeeren und einer leicht herben Gewürznote. 

Obwohl der Holzeinfluss nicht zu dementieren ist, wirkt alles sehr gut eingebunden und niemals überladen oder gar marmeladig. Im Gegenteil, denn hier herrscht tadelloser Trinkfluss! Der Bricco Luciani ist ein richtiger Nebbiolo-Charmeur und am festlichen Tisch sowie zu Wild eine wahre Freude. Geniessen 2016 bis 2025, für 44.50.- bei Paul Ullrich in Basel erhältlich.

Montag, 12. Oktober 2015

Eine Frage des Charakters - Racines von Olivier Pittet

Aus Gamay werden hauptsächlich frische, fruchtige und eher leichte Weine gekeltert. Also Weine, welche bei der grossen Masse nicht zwingend Anklang finden, was ich grundsätzlich sehr schade finde. Dass es auch grossartige Gamay-Crus gibt, wird allerdings von einigen Winzern eindrucksvoll bewiesen. Dazu zählt auch Olivier Pittet aus Fully (VS, Schweiz), welcher mit dem Racines ein wunderbarer Gamay in die Flasche bringt. Die Trauben stammen aus biologisch bewirtschafteten Reben, welche teilweise bis zu 70 Jahre alt sind und auf Kalksteinböden wachsen. Ich hatte den aktuellen Jahrgang 2013 im Glas und sehr viel Spass damit...

Der Wein fliesst in hellem Rubinrot ins Glas. Dort zeigt er ein offenes und einladendes Bouquet nach Erdbeeren, Kirschen, Graphit, Pfeffer und anderen Gewürzen. Schon beim ersten Schluck offenbart sich hinter der verführerischen Frucht eine knackige Säure und eine tolle Mineralik. Die Gerbstoffe wirken jung und wild, sind aber bestens eingebunden. Auch die saftige Frucht drängt sich immer wieder auf und wird durch eine karge Terroirnote jedoch regelrecht in die Schranken gewiesen. Im langen Abgang setzt sich die Frische allerdings durch und so endet ein Schluck auf roten Beeren und einer leicht herben Gewürznote. Ein auf und ab am Gaumen, doch auf hohem Niveau und viel Trinkspass. Dass der Racines ein kräftiger Gamay-Vertreter ist, verraten die knapp 14% Vol. die sich bei erhöhter Trinktemperatur etwas bemerkbar machen. Trotzdem ist das ein toller Wein - für Freunde dieser Sorte genau so wie für Neuentdecker!

Der Racines ist somit ein absoluter Charakterwein zeigt einmal mehr, dass Gamay eine Traube mit vielen Facetten ist und zugleich auch das Terroir gut zum Ausdruck bringt. 

Wer ihn jetzt geniessen möchte, der sollte ihm etwas Zeit im Dekanter zusprechen und ein grosses Glas verwenden. Allerdings traue ich ihm auch noch ein paar Jahre im Keller zu. Unbedingt leicht gekühlt geniessen! Trinken 2016 bis 2021+, für 30.- bei Brancaia erhältlich. 

Sonntag, 4. Oktober 2015

Pfalz Tour 2015 (Teil 3/3) - Weingut von Winning

Das Weingut von Winning gehört zu jenen Weingütern der Pfalz, welche ich in den letzten Jahren besonders intensiv verfolgt habe. Hier stimmen für mich Qualität und Charakter der Weine einfach auf ganzer Ebene. Und obwohl Stephan Attmann grosszügig mit dem Holzausbau experimentiert und besonders die Rieslinge somit nahezu blind als von Winning-Weine erkennbar sind, wurde der Holzeinsatz in den vergangenen Jahren perfektioniert. Das heisst, dass dieser für den jeweiligen Wein wunderbar abgestimmt ist und sich der Charakter der verschiedenen Weine und auch Lagen besser herausgearbeitet wird. Das beweist die 2014er Kollektion besonders, welche schlichtweg genial ist und sich bei der Probe erstaunlich offen und zugänglich präsentierte.

 
Bevor wir uns allerdings den Grossen Gewächsen gewidmet haben, flossen erst ein paar Lagenweine ins Glas. Diese boten grosses Riesling-Vergnügen zum fairen Kurs, allen voran der super frische „Reiterpfad“ 2014 sowie der würzige und gehaltvolle „Ölberg“ 2014. Beim 2014er "Reiterpfad" strömt die Frucht nur so aus dem Glas und zeigt dahinter viel Tiefe und Mineralität. Am Gaumen stehen Eleganz und Körper absolut in Balance und zeigen die Feinheiten dieser Lage sehr gut auf. Der "Ölberg" präsentiert sich wie auch bei Christmann üppiger und würzig. Doch auch hier bleibt die Finesse nicht auf der Strecke. Für mich ganz nahe am GG-Niveau – ein echter Riesling-Champion eben!

Bis auf den "Kalkofen" und das "Kirchenstück" haben wir alle grossen Gewächse der 2014er Kollektion verkostet. Hier meine ausführlichen Notizen zu den Weinen:


Grainhübel GG 2014

Dieser Wein wird 2014 zum ersten Mal als grosses Gewächs angeboten, was eine absolute Bereicherung für das GG-Sortiment ist. Die Nase ist bereits sehr offen und zeigt alles, was ein Pfälzer Riesling braucht: Frische, Frucht und Würze! Am Gaumen sehr lebendig und filigran, im Abgang lang, saftig und voller Aromen von exotischen Früchten und Limetten. Trinken jetzt – 2026+

Ungeheur GG 2014

In der Nase gewohnt dezentes Holz und viel gelbe Frucht. Wirkt leicht und zeigt trotzdem Schmelz und Körper. Die Säure ist reif und stützt somit alles wunderbar. Delikates Finale mit reifer Frucht, zurückhaltender Vanillenote und nervigem Säurespiel. Trinken 2016 – 2029

Langenmorgen GG 2014

Was für eine delikate Nase nach Steinobst, Tropenfrüchten und Rauch. Bringt am Gaumen im Vergleich zum Ungeheuer noch mehr Spannung und Tiefe. Bleibt lange am Gaumen haften und kombiniert Frucht und Mineralik hervorragend – noch besser als der bereits sehr gute 2013er! Trinken 2016 – 2030+

Kieselberg GG 2014

Ein herrlich frischer Duft, Mineralität pur! Die reife Frucht versteckt sich ganz unauffällig dahinter, zeigt sich nur sporadisch und lässt der Mineralität und der zupackenden Säure den Vorrang. Zeigt viel Struktur, Spannung und Eleganz zugleich. Endet wunderbar lang, sehr präzise, leicht salzig und weist viel Potential auf! Trinken 2016 – 2029

Pechstein GG 2014

Zurückhaltend und offen zugleich, präsentiert sich das Bouquet vom Pechstein. Da ist viel Tiefe, Würze und Aromen reifer Pfirsich, exotischen Früchten und ein Hauch vom Holz. Am Gaumen macht er ordentlich Druck und wirkt etwas opulenter als der Langenmorgen und Kieselberg. Dahinter ist aber auch viel Finesse und Verspieltheit  zu finden. Wenn das in paar Jahren mal alles zusammen passt, wird das einmal mehr ein genialer Pechstein – das ist Riesling voller Emotionen! Trinken 2017 – 2034

Fazit

2014 ist die für mich stärkste Kollektion welche von Winning bisher in die Flasche gebracht hat. Das Holz wird immer leiser und die Rieslinge immer noch filigraner. Ebenfalls finiessenreicher wurde übrigens auch der Chardonnay 2013, welcher im Vergleich zum 2012er ebenfalls ein Tick weniger Holz abbekommen hat und durch die straffe Säure zugleich eleganter und verspielter wirkt. Dieser Wein ist definitiv mehr als nur eine Alternative und an jeder Chardonnay-Degustation mit auf der grossen Bühne! Trinken 2016 bis 2025
Nebst der Saar hat also auch die Pfalz ein sehr guter Jahrgang eingefahren. Was wir im Glas hatten, zeigte viel Qualität und bot vor allem Trinkspass. Ich freue mich bereits auf die kommenden Jahrgänge und vor allem darüber, dass die Weine im Vergleich zu einigen Vorjahren wieder etwas schlanker geworden sind. Ich bin davon überzeugt, dass der Weg hin zu filigranen und leichten Weinen absolut der Richtige ist und dadurch der Charakter der verschiedenen Lagen besser in die Flasche gebracht wird. Denn eine derartige Bodenviefalt auf engstem Raum gibt es nicht allzu oft...